40 Jahre nach der Einzelausstellung von Oskar Tröndle (1883–1945) im Kunstmuseum Solothurn rückt die Doppelausstellung das aussergewöhnliche Künstlerehepaar und damit auch Amanda Tröndle-Engel (1862–1956) in den Fokus.
In Solothurn ist Amanda Tröndle-Engel vor allem in Zusammenhang mit der Tätigkeit als Zeichenlehrerin in ihrer Malschule «Moli» ein Begriff, während ihr künstlerisches Werk nur wenigen bekannt ist. Nun wird ihr Schaffen zum ersten Mal in diesem Umfang gezeigt, und regt zur weiteren Beschäftigung mit der Künstlerin an.
Die Schau thematisiert den partnerschaftlichen Austausch zwischen den beiden Künstlerpersönlichkeiten und zeigt ihre Werke im Dialog. Beide strebten danach, «nachfühlend alle Schönheit der Welt in sich aufzunehmen» und gestalterisch umzusetzen. Künstlerisches Schaffen, Kunsthandwerk, ästhetische Alltagsgestaltung, Unterricht und Lebensform gehörten für sie eng zusammen. In Solothurn schufen sie sich ein produktives, kreatives Umfeld von besonderer Ausstrahlung. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit der Erbengemeinschaft Vonlanthen und umfasst neben zahlreichen, teilweise noch nie öffentlich gezeigten Leihgaben aus dem Nachlass sowie aus Privatbesitz und dem Kunstmuseum Olten auch Arbeiten aus den Sammlungen des Kunstmuseums Solothurn und des Kunstvereins Solothurn.
Während Oskar Tröndle seinen Weg unbeirrt zwischen Jugendstil und Moderne ging, sind im Werk von Amanda Tröndle-Engel weitere Stileinflüsse deutlicher zu erkennen. Deshalb beginnt die Präsentation chronologisch mit einer kleinen
Auswahl an Arbeiten aus ihrer Ausbildungszeit in den 1890er-Jahren in Paris, die sie als ausgebildete Zeichenlehrerin antrat. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts studierte Amanda Tröndle-Engel unter anderen beim deutschen Maler und Farbtheoretiker Adolf Hölzel (1853–1934), einem der ersten Vertreter der Dachauer Künstlerkolonie. Einige der gezeigten Landschaften und Porträts stammen aus dieser Zeit an der Damenakademie des Münchner Künstlerinnenvereins und im Dachauer Moos. In diesem Umfeld dürfte sie Oskar Tröndle (wieder)begegnet sein, der nach dem Unterricht bei Emil Anner (1870–1925) und Studien in Paris ebenfalls nach München ging und an der Debschitz-Schule und in Sommerkursen auch bei Hölzel war. Wann und wo sie sich zum ersten Mal trafen, bleibt ihr Geheimnis. Sie heirateten 1906 in München und zogen anschliessend nach Solothurn. Für Amanda Tröndle-Engel, über 20 Jahre älter als Oskar Tröndle, war es die zweite Ehe. Ihr erster Mann, der Jurist Arnold Amiet, mit dem sie im Haus Rosenhag in der Stadt Solothurn lebte, war 1900 an Typhus verstorben. Abgesehen von kürzeren Aufenthalten in Oskar Tröndles Heimatort Möhlin wurde Solothurn nach der Heirat für die Tröndles zum gemeinsamen Wirkungsort.
Oskar Tröndle datierte seine Werke fast nie, Amanda Tröndle-Engel nur im Frühwerk und später lediglich gelegentlich. Deshalb geht der chronologische Auftakt über in eine motivische und assoziative Zusammenstellung von Arbeiten, etwa wenn beide Kunstschaffende Äpfel auf einem schachbrettartigen Untergrund darstellten. Der entsprechende Linolschnitt von Amanda Tröndle-Engel zeugt von einer ausgesprochen modernen Gestaltung und Farbgebung, während Oskar Tröndle eine austarierte, in Komplementärfarben aufgebaute Komposition malte. Zeigte Amanda Tröndle-Engel in ihrem Schaffen ein grosses Interesse für Farbe und malerische Überlegungen sowie eine stilistische Offenheit, schuf Oskar Tröndle mit seiner Vorliebe für Symmetrie, Proportion und Linie ein Werk, das der Natur durch formale Reduktion und einen ausgeprägt grafischen Ausdruck eine monumentale Anmutung verleiht. Amanda Tröndle-Engel tat sich zeitlebens als erfolgreiche Porträtistin hervor, auch mit Auftragsarbeiten; darüber hinaus entstanden zahlreiche Landschafts und Naturdarstellungen sowie Stillleben.
Ihr Austausch prägte nicht nur den gemeinsamen Alltag und fand in partnerschaftlichen Projekten Ausdruck, sondern zeigt sich auch in der künstlerischen Annäherung. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Konzentration auf Naturformen, im Umgang mit dem gewählten Medium und in der Betonung von Ornament und Fläche drängen sich im zweiten Raum in der Präsentation der eindrucksvollen Linol- und Holzschnitte auf.
Neben Gemälden, Zeichnungen, Aquarellen und Grafiken erweitern Oskar Tröndles kunsthandwerkliche Arbeiten, wie Sitzhocker und gedrechselte Dosen, die ihm eigene geometrische Gestaltung in den Raum. Wie umfassend das Künstlerpaar Leben und Kunst verstand, zeigen zudem mehrere Vitrinen in der Ausstellung: Sie geben Einblick in ihre Biografien und ihre weitreichenden Kontakte, in das lyrische Werk von Oskar Tröndle, thematisieren ihre Zusammenarbeit für Buchillustrationen und für das gemeinsame Zeichenlehrbuch «Aug, erwach!» (1935), beschreiben die «Moli» und lassen das Publikum mit Skizzen, Druckstöcken und Kompositionszeichnungen am Werkprozess teilhaben. Die Ausstellung wird von einem vielfältigen Veranstaltungsprogramm begleitet, in dem unter anderem die «Moli» in Zeichenkursen wieder auflebt.
Grossen Dank für die Unterstützung der Ausstellung und des Veranstaltungsprogramms an den Swisslos-Fonds des Kantons Solothurn, die Däster-Schild Stiftung, den Swisslos-Fonds des Kantons Aargau, an Judith und Hansruedi Koelz-Vonlanthen und Christof Vonlanthen.
Gastkuratorin: Patricia Bieder, Kunsthistorikerin