Oberrheinischer Meister
Hausaltärchen: Geburt Christi und Christus am Kreuz, um 1480

Öl auf Fichtenholz, Diptychon
28.5 × 41.5 cm
A I 159
Schenkung des Kapuzinerklosters, Dornach, 1867
Ausgestellt

Ein Miniatur-Altar wie ein Notebook, aufklappbar, für den Haus- oder Reisegebrauch. Es öffnen sich zwei für den christlichen Glauben zentrale Motive: Die Geburt Christi als die Verheissung, die Kreuzigung als der Garant des Neuen, der Auferstehung nach Leiden und Tod. Der Maler aus dem Oberrheinischen malt die Szenen miniaturhaft, gemäss der Bildtradition. Er vergisst kein Detail, etwa auf der Kreuzigungstafel die Knochen; sie liegen auf Golgatha, dem «Ort des Schädels».
So zeittypisch die Versenkungsbilder sind, so aussergewöhnlich ist doch Josef. Er kniet, vielleicht ähnlich wie der/die Andächtige vor dem Altärchen: Die angezündete Laterne trägt er zwar in der Hand, das Licht, das von der Botschaft ausgeht, überstrahlt jedoch alles Irdische. Deswegen hält er sich die Hand vor das linke Auge – als ob er geblendet würde, als ob er das Unglaubliche, Strahlende dennoch genauer sehen möchte.



Konrad Tobler